DIE GESCHICHTE ZU NOT ANOTHER WHITE CUBE
DER KIRCHENMALER UND DER APOTHEKER •
IM JAHR 1912 KAUFTE DER KIRCHENMALER ANTON NIEDERMAIER (1886–1932) EIN GRUNDSTÜCK AN EINER SCHOTTERSTRASSE – HEUTE BEKANNT ALS B471. AUF DIESEM GRUNDSTÜCK BAUTE ER SEIN WOHNHAUS MIT ANGESCHLOSSENEM ATELIER, IN DEM ER MIT SEINER FAMILIE LEBTE. IN DEN WINTERMONATEN ERSCHAFFTE ER ZAHLREICHE ENTWÜRFE FÜR SEINE KIRCHENMALEREIEN, DIE ER DANN IN DER WARMEN SOMMERSAISON AUSFÜHRTE.
NACH SEINEM TOD IM JAHR 1932 GELANG ES SEINER WITWE MARIA UND DEN BEIDEN KINDERN, ANTONIE UND HANS, DURCH GROßE ANSTRENGUNG SEIN ERBE ZU BEWAHREN. ZUSAMMEN MIT ANTONIES EHEMANN WILHELM BAUTEN SIE MITTEN IM KRIEG EIN HOLZHAUS, IN DEM DER APOTHEKER DR. HANS NIEDERMAIER 1939 EIN UNTERNEHMEN GRÜNDETE. DIESES UNTERNEHMEN WUCHS ERFOLGREICH, UND 1950 ERRICHTETEN DIE DREI – FAST VÖLLIG EIGENHÄNDIG – DAS ERSTE ZWEIGESCHOSSIGE GEBÄUDE, „LOTUS“.
IN DIESEM GEBÄUDE WURDEN LIKÖRE IN GROSSEN GLASBEHÄLTERN HERGESTELLT, WIE ZUM BEISPIEL APRIKOSENBRANDY UND DANZIGER GOLDWASSER. DEN ALKOHOL FÜR DIESE KAUFTE MAN BEIM MONOPOLAMT.
DROGENLAGER UND HEIZHAUS •
DER TONIC „GALAMA“ WURDE EBENFALLS IM AUFTRAGSFERTIGUNGSVERFAHREN HERGESTELLT – BASIEREND AUF EINEM EINZIGARTIGEN REZEPT UND AUS PFLANZLICHEN WIRKSTOFFEN, BEKANNT ALS „DRUGS“ (KRÄUTERSTOFFE). DAHER WURDE 1953 EINE NIEDRIGE STRUKTUR, DAS „ALTE GALAMA-HAUS“, ERRICHTET.
ALS DIE PRODUKTION VON „GALAMA“ GRÖSSERE KAPAZITÄTEN ERFORDERTE, WURDE 1972 EIN ANBAU HINZUGEFÜGT. DIESER ANBAU WURDE STRUKTURELL VERSTÄRKT, UM EINEN PERCOLATOR MIT EINEM INHALT VON CA. 3.000 LITERN AUFZUNEHMEN. ER WAR MIT DEM „KESSLHAUS“ VERBUNDEN UND VERKNÜPFTE BEIDE GEBÄUDE ZU EINER EINHEIT.
KRÄUTER UND WASSER WURDEN VOM ERSTEN STOCK ÜBER EIN SCHIEBELID IN DEN GROSSEN PERCOLATOR EINGEGOSSEN, UM EINEN KRÄUTERAUSZUG ZU KOCHEN. DIESER AUSZUG WURDE DANN IN TANKS ÜBERFÜHRT, MIT ALKOHOL GEMISCHT UND ABGEFÜLLT. DER VERBLEIBENDE KRÄUTERRÜCKSTAND WURDE TEILWEISE ALS BIO-DÜNGER VERWENDET.
NACHDEM DR. NIEDERMAIERS TOCHTER DAS UNTERNEHMEN ÜBERNOMMEN HATTE, WUCHS DAS UNTERNEHMEN ZUM WELTMARKTFÜHRER IM BEREICH KASKADENFERMENTATION. IM PERCOLATOR-GEBÄUDE WURDE EINE ZWEIGESCHOSSIGE DESTILLATIONSEINHEIT INSTALLIERT, UM ALKOHOL FÜR ISLAMISCHE LÄNDER ZU DESTILLIEREN. SO WURDEN DIE GEBÄUDE IM LAUFE DER ZEIT AN DIE BEDÜRFNISSE DES UNTERNEHMENS UND DER EIGENTÜMER ANGEPASST: BÜROS, PRODUKTIONSRÄUME, ABFÜLLRÄUME, FERTIGUNGSBEREICHE, VERPACKUNGSRÄUME, LAGERBEREICHE UND WOHNBEREICHE.
DA DER ERFOLG DES UNTERNEHMENS WEITER WUCHS, EXPANDIERTE ES UND ZOG 2016 IN EIN GRÖSSERES GEBÄUDE IN HOHENBRUNN.
EIN ENDE, DREI FREUNDE UND NEUE ANFÄNGE •
DAS HAUS UND DAS GRUNDSTÜCK BLIEBEN NACH DEM AUSZUG DES UNTERNEHMENS FÜR MEHRERE JAHRE VÖLLIG UNGENUTZT, BIS 2014 EIN KÜNSTLER, EINE KURATORIN UND EIN KREATIVER AUFEINANDERTRAFEN.
MARC THALBERG, MANUELA HILLMANN UND JOHANNES ROTH.
DER KÜNSTLER MARC ARBEITETE ZU DIESEM ZEITPUNKT NOCH IN EINEM ATELIER IN GIESING, DAS BALD ABGERISSEN WERDEN SOLLTE. ALS DER ABRISS 2016 STATTFAND, KURATIERTEN MANUELA UND ALVA ANGELI DORT EINE ABSCHLUSSAUSSTELLUNG MIT DEM TITEL „NOT ANOTHER WHITE CUBE“ MIT DEN WERKEN VON MARC UND DEM OPEN DOOR COLLECTIVE. DIES MARKIERTE DEN ABSCHIED VON EINEM KÜNSTLERISCHEN ZUHAUSE – ABER AUCH DEN BEGINN EINES NEUEN KAPITELS. AUF DER SUCHE NACH SEINEM NÄCHSTEN ARBEITSPLATZ ENTDECKTE MARC ÜBER JOHANNES DIE ALTE FABRIK. ES GAB KEINE HEIZUNG, KEINE TOILETTE, ABER SCHNELL ENTSTAND EINE VISION: VON ATELIERS ZU AUSSTELLUNGSFLÄCHEN – EIN KÜNSTLERHAUS WAR IM ENTSTEHEN.
AB 2017 BEGANNEN MANUELA HILLMANN, MARC THALBERG UND JOHANNES ROTH, DAS GEBÄUDE ZU RENOVIEREN UND IN „NOT ANOTHER WHITE CUBE“ ZU VERWANDELN. DIES WURDE DURCH DIE HERVORRAGENDE ARBEIT DER HANDWERKER ADRIAN COSTIN LEOCAN UND GEORGE TIGAERU, DURCH ENGAGIERTE UNTERSTÜTZUNG VON FREUNDEN UND DURCH DIE GROSSZÜGIGE UNTERSTÜTZUNG – SOWOHL IN WISSEN ALS AUCH FINANZIELL – DER FAMILIE ROTH MÖGLICH.
DADURCH ENTSTANDEN SECHS PRIVATE STUDIOS, EIN GRUPPENSTUDIO, EINE GEMEINSAME KÜCHE, ZWEI VERANSTALTUNGSRÄUME, EIN AUSSTELLUNGSRAUM UND ZWEI TERRASSEN.
NOT ANOTHER WHITE CUBE WIRD REAL •
AUFBAUEND AUF DER VIELFÄLTIGEN GESCHICHTE DES HAUSES MÖCHTE „NOT ANOTHER WHITE CUBE“ ZU EINEM EXPERIMENTELLEN, INKLUSIVEN UND INTERDISZIPLINÄREN RAUM FÜR AUSTAUSCH UND DIALOG IN KUNST UND KULTUR WACHSEN. ES SOLL EINE ATMOSPHÄRE FÖRDERN, DIE PERFEKTIONISMUS UND LEISTUNGSDRUCK ABLEHNT UND STATTDEM FREIHEIT UND EXPERIMENTIERFREUDE EINLÄDT.
DER NAME „NOT ANOTHER WHITE CUBE“ SETZT SICH BEWUSST AUS ZWEI VERSCHIEDENEN TERMINOLOGIEN ZUSAMMEN. DER BEGRIFF „WHITE CUBE“ BEZIEHT SICH AUF EINE BESTIMMTE GALERIEÄSTHETIK, DIE DURCH IHRE QUADRATISCHE ODER LÄNGSGESTRECKTE FORM, WEISSE WÄNDE UND BELEUCHTUNG, DIE MEIST VON OBEN KOMMT, GEKENNZEICHNET IST. DIESER STIL ENTSTAND ANFANG DES 20. JAHRHUNDERTS ALS REAKTION AUF DIE ZUNEHMENDE ABSTRAKTION DER MODERNEN KUNST. KÜNSTLER AUS GRUPPEN WIE DE STIJL UND BAUHAUS KONZENTRIERTEN SICH AUF FARBE UND LICHT UND BEVORZUGTEN ES, IHRE ARBEITEN VOR WEISSEN WÄNDEN ZU PRÄSENTIEREN, UM ABLENKUNGEN ZU MINIMIEREN. DIE WEISSEN WÄNDE SOLLTEN AUCH ALS RAHMEN DIENEN, ÄHNLICH DEN RÄNDERN EINER FOTOGRAFIE. EINE PARALLELE ENTWICKLUNG IN ARCHITEKTUR UND DESIGN SCHAFFTE DAS IDEALE UMFELD FÜR DIESE KUNST.
1976 SCHRIEB BRIAN O'DOHERTY EINE SERIE VON ESSAYS FÜR DAS MAGAZIN ARTFORUM, DIE SPÄTER IN EINEM BUCH MIT DEM TITEL „INSIDE THE WHITE CUBE“ VERÖFFENTLICHT WURDEN. IN DIESEN ESSAYS KRITISIERTE ER DIE OBSESSION DES MODERNISMUS MIT DEM WHITE CUBE UND ARGUMENTIERTE, DASS JEDES DARIN PLATZIERTE OBJEKT FAST HEILIG WIRD, WAS DIE INTERPRETATION VON KUNST ERSCHWERT.
(DEFINITION WHITE CUBE: TATE MODERN, LONDON)
DURCH DIE WAHL DIESES BEGRIFFS IN KOMBINATION MIT „NOT ANOTHER“ BESTEHT NICHT DIE INTENTION, STELLUNG GEGEN DIESE AUSSTELLUNGSPRAKTIK ZU BEZIEHEN, SONDERN VIELMEHR, MIT DEM RAUM UND DEM FORMAT ALS KÜNSTLER- UND ATELIERHAUS SOWIE ALS AUSSTELLUNGS- UND VERANSTALTUNGSORT ZU EXPERIMENTIEREN.
DIE ENTSCHEIDUNG, MIT „NOT ANOTHER“ ZU BEGINNEN, SOLL DIE UNBESCHRÄNKTE OFFENHEIT VON „NOT ANOTHER WHITE CUBE“ BETONEN. DER BEGRIFF „THE OTHERS“ WIRD OFT IM KONTEXT VON DISKRIMINIERUNG, RASSISMUS UND AUSGRENZUNG VON MINDERHEITEN VERWENDET – ER SPIEGELT DIE PERSPEKTIVE EINER MEHRHEIT GEGENÜBER EINER MINORITÄT WIDER. DER NAME „NOT ANOTHER“ BEZIEHT SICH AUF EIN STARKES VERLANGEN NACH INKLUSION.
DU, WIR & DIE ZUKUNFT •
ZUSAMMEN MIT FREUNDEN UND PARTNERN WERDEN WIR NOT ANOTHER WHITE CUBE SCHRITT FÜR SCHRITT DURCH VERSCHIEDENE VERANSTALTUNGEN ZUM LEBEN ERWECKEN UND DEN AUSTAUSCH ZWISCHEN PUBLIKUM UND KÜNSTLERN FÖRDERN.
DARÜBER HINAUS KÖNNEN UNSERE VERANSTALTUNGSRÄUME FÜR FEIERLICHKEITEN, KONFERENZEN ODER WORKSHOPS GEMIETET WERDEN. WIR UNTERSTÜTZEN SIE GERNE BEI DER PLANUNG UND DURCHFÜHRUNG VERSCHIEDENER EVENTFORMATE.

WIR HABEN ZUSAMMENGEARBEITET MIT •
ELKE HARTMANNSGRUBER (ARCHITEKTIN) • THOMAS STÜLLEIN (STEUER)
MATTHIAS BRUGGER (ANWALT) • BIANCA SCHAUER (CATERING)
B.R.A.S.K.O.S (CATERING) • CASPAR PLAUTZ (KOOPERATION PARTNER)
JULIA SCHÄRDEL (FOTOGRAFIN) • AGNES BACHMAIER (TEXT)
SOLVEIG ROTH (TEXT) • NOËM HELD (GRAPHIK)
ANDREAS JUNGK (KÜNSTLER) • JIEUN LEE (KÜNSTLERIN)
ALBANE CHAUVEL (KÜNSTLERIN) • GABRIEL STEINMANN (KÜNSTLER & DESIGNER) VERONIKA WEGENER (LEHRERIN) • EVA WAWATSCHEK (KÜNSTLERIN)
FRANZISKA SIEDLER (FOTOGRAFIN) • UTA PÜTZ (KÜNSTLERIN)
LUDWIG STALLA (KÜNSTLER) • ROBERT KIZIELEWICZ (KÜNSTLER)
JUDITH ADELMANN (KÜNSTLERIN) • ANKA HELFERTOVA (KÜNSTLERIN)
ABE HIROYUKI (KÜNSTLER) • RAINER HAAS (KÜNSTLER)
FLORIAN SCHAUMBERGER (BÜHNENBILDNER) • DANIEL ENGELBERG (KÜNSTLER)
CHEMA CHINO (KÜNSTLER)



